Gesund aufwachsen – Das Kinder- und Jugendtelefon stellt sich vor
Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen haben nicht nur, aber vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu enormen psychischen Belastungen geführt. Mehr denn je brauchte es niedrigschwellige Unterstützungsangebote für die jungen Zielgruppe. Seit mehr als 25 Jahren ist das Leipziger Kinder- und Jugendtelefon (KJT) in Trägerschaft des Kinderschutzbundes. Hier engagieren sich eine Vielzahl an ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen als ausgebildete Berater*innen und schenken Kindern und Jugendlichen ihre Aufmerksamkeit. Susanne Lenk, Projektkoordinatorin des KJT gewährt Euch und Ihnen hier einen kleinen Einblick in ihre wertvolle Arbeit und steht uns außerdem Rede und Antwort, was das denn mit Gesundheit zu tun hat.
Liebe Frau Lenk, mal auf den Punkt gebracht: Warum sollten Kinder und Jugendliche zum Hörer greifen, wenn sie Probleme haben?
S.L.: Das KJT ist eine direkte und unkomplizierte Möglichkeit, ein Gespräch über alle möglichen Themen, die den/die Anrufer*in bewegen zu führen - und das ohne Termin aus der Situation heraus. Besonders ist außerdem, dass alles anonym besprochen werden kann. Das heißt, die Kinder und Jugendlichen, die anrufen, müssen weder ihren Namen nennen noch sagen, wo sie wohnen und trotzdem ist ein persönlicher Kontakt gegeben. Das können soziale Netzwerke in der Form nicht bieten, also vor allem in dem Sinne, dass ein anderer Mensch die Emotionen der Anrufer*innen mit begleiten und wertschätzend mit ihnen kommunizieren kann. Einigen Jugendlichen fällt es auch leichter, sich mit ihren Anliegen und Themen telefonisch an eine andere Person zu wenden, weil der räumliche Abstand auch einen Schutzraum bietet.
Was sind denn so die Hauptthemen, mit denen sich die Anrufer*innen an das KJT wenden?
S.L. : Das ist schon das Thema Sexualität und Partnerschaft, vor allem die erste Liebe -angefangen vom ersten Treffen bis hin zum ersten Mal miteinander schlafen oder der erste Beziehungskonflikt. Aber seit vielen Jahren spielt auch die Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld Elternhaus, Konflikte mit Geschwistern oder Freund*innen eine wichtige Rolle. Bei den 12- bis 17- Jährigen geht auch häufig um Pubertätsthemen wie z.B. der sich verändernde Körper…
Haben sich die Themen seit Beginn der Corona-Pandemie verändert?
S.L.: Verändert in dem Sinne, dass es viele Rückmeldungen gab, dass einige Kinder und Jugendliche mit all den neuen Veränderungen überfordert waren und sind. Das betrifft unter anderem auch die neuen digitalisierten Formate, bei denen die Anrufer*innen nicht begleitet wurden, der fehlende Kontakt zu den Schulen, wodurch sie sich allein gelassen gefühlt haben. Auch der fehlende Kontakt zu Freund*innen, Mitschüler*innen, anderen Familienangehörigen… und ganz oft wurde auch genannt, dass Sport- und Freizeitaktivitäten fehlen. Besonders in letzter Zeit hat die Thematisierung von psychischen Schwierigkeiten zugenommen: Einsamkeit, Zukunftsängste und die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Frage: „Was macht das mit mir?“ In den Zeiten des Lockdowns wurde auch immer wieder deutlich, dass sich der Lebensrhythmus verändert hat und dass es den Anrufer*innen schwerfällt, ihren Tag zu strukturieren: die Jugendlichen waren zum Teil erst mittags aufgestanden und das Einnehmen regelmäßiger Mahlzeiten fiel schwer…Diese Rückmeldung kam aber zumeist nicht von den Jugendlichen selbst, sondern kristallisierte sich erst im Gespräch mit den Berater*innen heraus.
Wie viele Berater*innensind aktuell beim Leipziger KJT aktiv?
S.L.: Mit der Email-Beratung sind das gegenwärtig 33 ehrenamtliche Berater*innen. Diese setzen sich zusammen aus erwachsenen Berater*innen, die unter der Woche tätig sind und den Jugendlichen, die sich samstags bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ engagieren.
Diese wurden ja im Rahmen einer mehrmonatigen Ausbildung intensiv auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet. Aber was passiert, wenn die Berater*innen mit Anrufen konfrontiert werden, die sie selbst belasten? Wie wird das aufgefangen?
S.L.: Das geschieht in erster Linie durch das, was uns im Moment allen besonders gut tut: den Kontakt zueinander. Und das ist auch eine meiner Hauptaufgaben, nämlich die Berater*innen zum Beispiel über den sogenannten Berater*innen-Stammtisch zueinander zu bringen. Der dient nicht nur dazu, Informationen zu transportieren, sondern auch, den Ehrenamtlichen einen Austausch zu ermöglichen – sowohl menschlich als auch projektbezogen, damit sie sich letztlich gegenseitig stärken. Das geschieht allerdings auch in Fortbildungen und im Rahmen von Supervisionen, die wiederum besonders für die eigene Psychohygiene und den eigenen Ausgleich sorgen sollen. Die Supervision finden nur alle vier bis fünf Wochen statt. Dazwischen stehe natürlich ich als Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Zum Abschluss noch eine ganz andere Frage: Was ist für sie persönlich aktuell ein Thema, wenn es um Gesundheitheit geht?
S.L.: Zum Thema Gesundheit oder auch Gesunderhaltung möchte ich allen Kindern und Jugendlichen vor allem mit auf den Weg geben, dass sie die Zeit jetzt nutzen, um rauszugehen, sich mit Leuten treffen, um zu reden und Spaß zu haben, Sport zu treiben oder sich einfach nur zu bewegen.